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Gebrauchsanweisung für die Nernstlampen nach Greil. Carl Zeiss, Jena, 1909. 6 pp.


Carl Zeiss, Jena

Gebrauchsanweisung für die Nernstlampen nach Greil.

Eine sehr brauchbare, dem Kalklicht an Intensität nahe stehende Lichtquelle für mikrophotographische Arbeiten, für Projektionen in kleinerem Kreise, sowie für den Projektionszeichenapparat bildet das Nernstsche Glühlicht. Die gewöhnliche Form der Lampen ist allerdings wegen der Gestalt des Leuchtkörpers für diese Zwecke meist nicht besonders geeignet, doch läßt sich dieser Übelstand nach einem Vorschlag von Professor Greil (Zeitschrift für wissenschaftl. Mikroskopie, XXIII, 1906, p. 257 - 285) dadurch beheben, daß man mehrere Stäbe kreuzt, sodaß sie einen Stern bilden. Wir liefern solche Lampen mit drei Stäben, die sich derart überkreuzen, daß ein sechsstrahliger Stern entsteht, dessen Mitte ein kleines, von den mittleren Teilen der Stäbe gebildetes Dreieck einnimmt (Fig. 1).

Fig. 1.
Brennerscheibe der Nernst-Lampe nach Greil
von vorn gesehen.

Die eigentliche Lampe besteht aus den Leuchtstäben, der Brennerscheibe und der Schieferplatte.

Die Leuchtstäbe sind für die verschiedenen Spannungen von 110 Volt an aufwärts, sowie für Wechselstrom und Gleichstrom verschieden. Bei allen Stäben gehen in einiger Entfernung von den Enden Bündel von feinen Platindrähten ab, die kleine Kontaktstiftchen tragen. Die beiden Stiftchen haben verschiedenen Durchmesser.

Die Brennerscheibe (Fig. 1) besteht aus einer kreisförmigen Porzellanplatte. Sie zeigt auf der einen Seite sechs Träger: davon stehen die drei unteren auf einer gemeinsamen Metallplatte, die auf die Brennerscheibe aufgeschraubt ist, von den drei anderen steht jeder auf einer besonderen Platte, die von den anderen isoliert ist. Den vier Platten entsprechen vier Hülsen, die auf der Rückseite der Brennerscheibe stehen.

Die Schieferplatte endlich ist rechteckig; sie besitzt auf der einen Seite vier Stifte, auf die sich die Brennerscheibe mit Hülfe der vier Hülsen aufstecken läßt, auf der Rückseite, den Stiften gegenüber und leitend mit diesen verbunden, befinden sich vier Klemmschrauben, die zur Zuführung der Drähte dienen.

Die Leuchtstäbe werden nun, wie es Fig. 1 zeigt, in die Träger eingelegt. Die Kontaktstiftchen werden dann in die in den Trägern befindlichen Löcher gesteckt. Dabei ist zu beachten, daß das Ende eines Leuchtstabes, das mit einem dünnen Stiftchen versehen ist, auch auf einen Träger zu liegen kommt, der ein dazu passendes enges Loch besitzt.

Sind die Stäbe eingelegt, und ist die Scheibe auf die Schieferplatte aufgesetzt, so besteht folgende leitende Verbindung zwischen den Enden der Leuchtstäbe und den Klemmen auf der Schieferplatte: von jedem Stab ist das eine Ende mit einer besonderen Klemme verbunden, das andere Ende ist dagegen an die vierte, gemeinsame Klemme angeschlossen.

 Da die Leuchtstäbe gegen Schwankungen der Stromstärke ziemlich empfindlich sind, so ist für jeden einzelnen Stab ein kleiner Vorschaltwiderstand nötig, der innerhalb gewisser Grenzen derartige Schwankungen ausgleicht. Die Widerstände haben ungefähr das Aussehen kleiner Glühlampen und sind wie solche mit einem Bayonnetverschluß versehen, der ein rasches und bequemes Auswechseln gestattet. Sie werden alle drei auf eine Schieferplatte aufgesetzt, die an der einen Seite drei, an der anderen eine Klemme trägt. Jede der drei Klemmen ist mit dem einen Ende eines der drei Widerstände verbunden, die vierte Klemme ist dagegen mit den anderen Enden aller drei Widerstände in leitender Verbindung.

Der Anschluß an das Netz geschieht nun so. Der positive Pol des Netzes muß mit der den drei Widerständen gemeinsamen Klemme, der negative aber mit der gemeinsamen Klemme der drei Leuchstäbe verbunden werden. Von den drei anderen Klemmen der Lampe ist dann jede durch einen isolierten Draht mit einer der freien Klemmen des Widerstandes zu verbinden. Es ist nicht zulässig, diese drei Leitungen durch einen einzigen Draht zu ersetzen.

Um die Lampe zum Leuchten zu bringen, schließt man den Strom und erhitz die drei Stäbe mit einer Spirituslampe oder einem Bunsenbrenner. Die Stäbe fangen meist nicht gleichzeitig zu glühen an, man darf daher mit dem Erwärmen erst aufhören, wenn alle drei durch den Strom gleichmäßig weißglühend geworden sind. Man beobachte die Stäbe durch ein Blendglas oder durch eine schwarze Brille, um die Augen zu schonen.

Der Stromverlauf ist folgender. Durch den positiven Draht fließt der Strom bis zu der Klemme des Widerstands, dort verteilt er sich gleichmäßig auf die drei Einzelwiderstände, fließt durch die drei Leitungsdrähte zum Brenner, geht dort durch die drei Leuchtstäbe und fließt schließlich von der gemeinsamen Klemme, wo sich die Stromkreise wieder vereinigen, durch den negativen Draht in das Netz zurück.

Die Stromstärke in jedem der drei Leuchtstäbe beträgt etwas über 1 Ampère, sodaß die ganze Lampe etwa 4 Ampère verbraucht. Da Ströme von dieser Stärke den gewöhnlichen Glühlampenleitungen entnommen werden dürfen, so ist keine besondere Leitung, wie bei den größeren Bogenlampen notwendig.

Je nach dem Zweck, dem die Lampe dienen soll, führen wir sie auf verschiedenen Gestellen. Zunächst haben wir uns auf die Herstellung von zwei Formen beschränkt. Wir liefern eine Projektions-Nernst-Lampe für durchfallendes Licht auf Reiter, die hauptsächlich für den Zeichenapparat nach Greil bestimmt ist, und eine für auffallendes Licht, die ebenfalls nach den Angaben von Greil konstruierte Hauptbeleuchtungslampe. Zur Aufnahme der Schattenseite empfiehlt es sich, die zuletzt genannte Lampe in Verbindung mit einer kleineren, mit automatischer Zündung versehenen Lampe zu benutzen, der Nebenbeleuchtungslampe.

Fig. 2.
Projektions-Nernst-Lampe nach Greil.
Die Lampe ist auf dem Tisch des Greilschen Zeichenapparates stehend dargestellt.
L Lampe; Ar Abblendungsrohr.

Die Projektions-Nernst-Lampe auf Reiter (Fig. 2) ist mit einer Zahn- und Triebbewegung in senkrechter Richtung, und einer mikrometrischen Verschiebung in wagrechter Richtung versehen. Störendes, d. h. nicht auf die Sammellinsen fallendes Licht wird teils durch eine an die Schieferplatte angeschraubte Blechscheibe mit umgebogenem Rand, teils durch ein mit Abzug versehenes Rohr abgeblendet. Dieses Rohr ist wie die Lampe mit einem Reiter versehen und wird auf die optische Bank gestellt.

Bei der Projektion von Diapositiven ist in der Regel eine so genaue Zentrierung der Lichtquelle wie bei der Projektion mikroskopischer Präparate nicht nötig, in diesem Fall genügt eine Lampe auf Reiter, die keinen Trieb und keine mikrometrische Verschiebung besitzt.

Fig. 3.
Hauptbeleuchtungslampe nach Greil.
S1 Bikonvexlinse; S2 Brillenglaskondensor; Wi Widerstand. Die mit dem positiven Pol zu verbindende Klemme des Widerstands ist mit +, die an den negativen Pol anzuschließende Klemme der Lampe mit - bezeichnet. Von den drei, Lampe und Widerstand verbindenden Leitungen ist nur eine dargestellt.

Die Hauptbeleuchtungslampe (Fig. 3) ist auf einem Dreifußgestell so angebracht, daß sie um eine senkrechte und eine wagrechte Achse gedreht und ausgiebig in senkrechter Richtung verstellt werden kann. Infolge dieser Anordnung kann man die Einfallsrichtung des Lichts innerhalb weiter Grenzen beliebig wählen. Mit der Lampe ist ein Beleuchtungssystem verbunden, das aus zwei getrennten Teilen besteht. Der eine Teil wird durch eine Bikonvexlinse von etwa 7 cm Durchmesser gebildet, der andere dagegen durch einen der Brillenglaskondensoren, die sonst bei der Benutzung schwacher Objektive statt der Kondensoren von großer Apertur gebraucht werden. Beide Teile des Beleuchtungssystems lassen sich gegeneinander und gegen die Lichtquelle verschieben: der Brillenglaskondensor oder vielmehr die ihn tragende Stange aus freier Hand, die Bikonvexlinse mit Zahn und Trieb. Von dieser Bewegung abgesehen sind sie im übrigen fest mit der Lampe verbunden.

Eine möglichst gleichmäßige Beleuchtung erhält man mit diesem System auf folgende Weise. Man stellt die Bikonvexlinse so ein, daß sie die Leuchstäbe in dem Raum abbildet, der zwischen dem Brillenglaskondensor und dessen vorderem ("Vorn" und "hinten" sind stets von der Lichtquelle aus gerechnet.) Brennpunkt liegt, das Objekt dagegen muß man nahe an den Ort bringen, wo der Brillenglaskondensor ein Bild der Bikonvexlinse entwirft. Je nach der Brennweite des angewandten Brillenglaskondensors und der Lage der beiden Teile des Beleuchtungssystems gegeneinander ist die Größe des beleuchteten Feldes und dessen Helligkeit verschieden. Am kleinsten ist das Feld und am größten die Helligkeit, wenn der Brillenglaskondensor 1 benutzt wird und wenn dessen Entfernung von der Bikonvexlinse möglichst groß ist, dagegen ist das Feld am größten und die Beleuchtung entsprechend geringer, wenn der Brillenglaskondensor 3 eingesetzt wird, und wenn dessen Abstand von der Bikonvexlinse klein ist.

Zum Abblenden von Seitenlicht dient ein kleines mit Handgriff und Abzugrohr versehenes Gehäuse, das über den Brenner gestülpt wird.

Als Handgriff beim Verstellen der brennenden Lampe benutzt man den zylindrischen, mit einem Überzug von Filz versehenen Teil, in dem sich die Zahnstange zur Bewegung der Bikonvexlinse verschiebt.

Fig. 4.
Nebenbeleuchtungslampe nach Greil.

Die Nebenbeleuchtungslampe (Fig. 4) wird einfach wie eine gewöhnliche Tischlampe mit einer Schnur und einem Stecker an das Netz angeschlossen. Ein Widerstand ist im Inneren der Lampe eingeschlossen. Da sie eine automatische Zündung besitzt, so kommt der Faden nach dem Schließen des Stroms nach kurzer Zeit von selbst ins Glühen. Die Lampe ist mit einer kleinen Beleuchtungslinse ausgestattet, die in einem Schneckengang verschiebbar ist. Sie entwirft ja nach ihrer Stellung ein Bild des Fadens ungefähr in natürlicher Größe nahe bei der Lampe, oder stärker vergrößerte Bilder in größerer Entfernung. Je nach der Größe des Bildes und dessen Lage zu dem beleuchteten Gegenstand ändern sich Gestalt, Größe und Helligkeit des beleuchteten Feldes. Die günstigste Stellung hat man in jedem Falle durch Versuche zu ermitteln.


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Revised 2004-01-01